Dienstag, 31. Juli 2012

Europäischer Steuerzahlerbund: "Mit dem ESM-Vertrag putscht eine kleine Gruppe von Regierenden gegen ihr eigenes Volk"




"Mit dem ESM-Vertrag wird unkontrollierbare, politische und finanzielle Macht auf eine kleine Gruppe von Personen (die Euro-Finanzminister und ihre Umgebung) übertragen. Der ESM-Vertrag ist eine Verhöhnung und Verspottung des gesunden Menschenverstandes und der europäischen Rechtstradition schlechthin. Mit dem ESM-Vertrag putscht eine kleine Gruppe von Regierenden gegen ihr eigenes Volk." Dipl.-Kfm. Rolf von Hohenhau, Präsident des Europäischen Steuerzahlerbundes.

Der Beschluss der Finanzminister der EU-Mitgliedstaaten, schon ab Mitte 2012 einen „Europäischen Stabilitätsmechanismus“ (ESM) einzurichten, stellt die Regierungen und die nationalen Parlamente vor vollendete Tatsachen. Der ESM birgt für Steuerzahler unabsehbare Risiken. Die jetzt beschlossene ESM-Kreditsumme von 700 Milliarden Euro ist lediglich der Anfang. Der geplante ESM-Gouverneursrat kann nämlich unbegrenzt hohe Kreditsummen bewilligen. Die damit verbundenen Steuerzahlerbürgschaften können also ins Unermessliche wachsen.




Europas Bürger - vor allen die Deutschen - dürfen endlos zahlen, Rechte werden sie nicht haben, da diese laut Vertrag ohnehin ausgeschlossen sind. Zudem gibt es für ESM-Mitgliedstaaten kein ESM-Austrittsrecht. Insgesamt droht den Ländern, dass sie einen großen Teil ihrer finanzpolitischen Souveränität an den ESM verlieren.




Der europäische Steuerzahlerbund (TAE) fordert die nationalen Regierungen auf, der Schaffung eines ESM in jedem Fall die Zustimmung zu verweigern. Mit unserem Beitrag wollen wir einen Beitrag zur kritischen Diskussion leisten und vor dem ESM in der jetzigen Form warnen. Noch können wir diesen Moloch stoppen, später ist er nicht mehr zu kontrollieren.

„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein zurück mehr gibt."
Jean-Claude Juncker, Vorsitzender der Euro-Gruppe




Berichte und Analysen zum ESM

Berichte und Analysen zum Fiskalpakt


Organisationen, Bürgerinitiativen, Medien und Kampagnen gegen den
Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)!

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Schuldenkrise: Retten ohne Ende - Europas Schuldenkrise - FAZ



Liebe am ESM Interessierte,

Benedikt Weihmayr hat mich auf einen Artikel in der FAZ aufmerksam
gemacht, der auf Prof. Stefan Homburg, Volkswirt zurückgeht.
Ich muss sagen: Da bin ich schon erstaunt, wie dreist ein angesehender
Volkswirt den ESM-Vertrag unvollständig zitiert, um die Klage gegen den
ESM zu unterstützen. Wenn das die besten Argumente sind, dann wird den
Klagen sicher nicht stattgegeben. Aber wer weiß.

Ich habe zu jedem Absatz eine Anmerkung geschrieben mit genauer
Quellenangabe (Paragraphen).


Schuldenkrise: Retten ohne Ende - Europas Schuldenkrise - FAZ
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europas-schuldenkrise/schuldenkr...
http://www.faz.net/-gqu-71m29
HERAUSGEGEBEN VON WERNER D'INKA, BERTHOLD KOHLER, GÜNTHER NONNENMACHER, FRANK SCHIRRMACHER, HOLGER STELTZNER
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Retten ohne Ende
28.07.2012 · Der Sprengstoff des Rettungsschirms ESM steht im Kleingedruckten:
Für die Haftung gibt es keine Obergrenze. Und das Parlament wird entmachtet. Ein
Gastbeitrag von Stefan Homburg
Artikel
© INTERFOTO
1215 unterzeichnete Johann Ohneland, englischer König, die „Magna Carta“. Seitdem hat sich das Volk die Herrschaft über die Staatsausgaben erkämpft. Der ESM gefährdet diese Errungenschaft, fürchtet Homburg.
Derzeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht über Verfassungsbeschwerden,
die sich gegen den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) richten, den
dauerhaften Rettungsschirm. Obwohl der ESM-Vertrag im Zentrum der
Aufmerksamkeit steht und sein Text im Netz leicht auffindbar ist, zeigte sich in der
mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht, dass Bundesregierung
und viele Abgeordnete den Inhalt dieses Vertrags entweder nicht kannten oder nicht
kennen wollten.
Zum Teil mag das darauf beruhen, dass der ESM-Vertrag von angelsächsischen
Wirtschaftskanzleien geschrieben wurde und an das Kleingedruckte mancher
Finanzprodukte erinnert: Hingucker wie das Stammkapital von 700 Milliarden Euro
sind tatsächlich fettgedruckt, während sich die folgenreichsten Bestimmungen in
nachgeordneten Absätzen finden. Begrenzt der Vertrag die Haftung Deutschlands auf
190 Milliarden Euro? Der Bundesfinanzminister wird nicht müde, diese
Belastungsobergrenze zu betonen, doch findet sie im Vertrag keine Stütze.
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Erstens beschränkt Artikel 8 Absatz 5 des Vertrags die Haftung nicht auf das Kapital
zum Nennwert, das zusammen 700 Milliarden Euro beträgt, sondern auf das Kapital
zum Ausgabekurs. Dies ist eminent wichtig, weil der Gouverneursrat beschließen darf,
dass der Ausgabekurs den Nennwert übersteigt (siehe Artikel 8 Absatz 2). Zum Beispiel
durch Verdopplung des Ausgabekurses könnte der ESM die Haftungssumme auf fast
1,4 Billionen Euro erhöhen, ohne dass es einer Vertragsänderung oder Kapitalerhöhung
bedürfte.
Zweitens enthält Artikel 25 Absatz 2 eine Nachschusspflicht, die den allgemeinen
Einzahlungs- und Haftungspflichten als spezielleres Recht vorgeht: Hiernach muss
Deutschland über seinen Anteil hinaus einzahlen, wenn ein anderer Mitgliedstaat
seiner Einzahlungspflicht nicht nachkommt: ein vorhersehbarer Fall, weil Staaten wie
Griechenland oder Portugal zu effektiven Einzahlungen gar nicht in der Lage sind.
Deutschland könnte mit mehr als 700 Milliarden Euro belastet werden
Aufgrund der Nachschusspflicht kann die Belastung Deutschlands auf 700 Milliarden
Euro steigen; aufgrund eines erhöhten Ausgabekurses auch weit darüber hinaus. In Tat
und Wahrheit enthält der ESM-Vertrag keine Belastungsobergrenze. Nun mag man
einwenden, höhere Ausgabekurse und Nachschüsse seien derzeit nicht geplant. Es fragt
sich aber, warum diese Regeln im Vertragstext versteckt wurden und die
Bundesregierung mit Verweis auf plakativere Passagen eine angeblich wasserdichte
Belastungsobergrenze behauptet, obwohl diese nicht existiert.
Weitere Punkte verstärken den Eindruck einer Irreführung von Parlament und
Öffentlichkeit, etwa die seit Wochen diskutierte Frage, ob der ESM eine Banklizenz
erhalten solle. Artikel 32 Absatz 9 befreit den ESM von jeder Zulassungs- und
Lizenzierungspflicht als Kreditinstitut. Eine Banklizenz ist überflüssig.
Prof. Dr. Stefan Homburg lehrt Öffentliche
Finanzen an der Leibniz Universität Hannover und
berät bei den aktuellen Verfassungsbeschwerden
in Karlsruhe die Klägerseite.
© DPA
Über die Mittel hinaus, die der ESM von den Mitgliedstaaten „abruft“, kann er laut
Artikel 21 unbeschränkt Kredite aufnehmen, auch durch Anleihebegebung an den
Kapitalmärkten. Hierdurch werden ohne Verwendung dieses Reizworts „Eurobonds“
eingeführt, weil alle Mitgliedstaaten gemeinsam für die vom ESM begebenen Anleihen
haften. Die Behauptung der Bundeskanzlerin, Eurobonds werde es zu ihren Lebzeiten
nicht geben, steht hierzu in seltsamem Gegensatz.

Ein letztes Beispiel zu verbreiteten Missverständnissen betrifft direkte Zahlungen des
ESM an Banken. Viele Beobachter meinten nach dem letzten Brüsseler Gipfel, die dort
beschlossene Bankenunion erfordere eine Vertragsänderung. Es ist aber viel
schlimmer: Laut Artikel 19 kann der ESM die Liste der bisher vorgesehenen
Instrumente durch Beschluss jederzeit erweitern. Einer Vertragsänderung bedarf es
nicht.
Wird das Haushaltsrecht des Parlaments verletzt?
Seit die Stände dem englischen König Johann Ohneland im Jahre 1215 die „Magna
Charta“ abrangen, haben sich die Völker Europas schrittweise die Herrschaft über
Steuern und Staatsausgaben erkämpft. Dieses Haushaltsrecht des Parlaments ist das
Herzstück der Demokratie, weil ein direkter Interessengegensatz zwischen Obrigkeit
und Untertanen nicht bei der Ausgestaltung von Normen des Zivil- oder Strafrechts
besteht, sondern dann, wenn es ums Geld geht. Von großer Bedeutung für die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist daher die Frage, ob das
Haushaltsrecht des Bundestags als Kern des Demokratieprinzips durch den
ESM-Vertrag verletzt wird. Dieses Haushaltsrecht umfasst zweierlei, nämlich das
Entscheidungsrecht über Steuern und Ausgaben sowie umfangreiche Kontrollrechte.
Dem Entscheidungsrecht des Bundestags sollen mehrere Bestimmungen Rechnung
tragen, die allerdings völkerrechtlich nicht verbindlich sind, weil sie nicht in den
ESM-Vertrag aufgenommen wurden, sondern nur in das nationale Begleitgesetz. Alle
wichtigen Entscheidungen des ESM liegen beim Gouverneursrat, der aus den
Finanzministern der Mitgliedstaaten besteht. Beschlüsse des Gouverneursrats sind
völkerrechtlich wirksam, auch dann, wenn der Bundestag anderer Meinung sein sollte.
Eine Ausnahme gilt lediglich für Stammkapitalerhöhungen, die gemäß Artikel 10 des
Vertrags eine Zustimmung des Bundestags voraussetzen.
Wird der ESM auf den Bundestag warten? Nein.
Bei anderen Entscheidungen ist der deutsche Gouverneur zwar formal an den Willen
des Bundestages gebunden, doch erscheint diese Konstruktion fragwürdig: Aufgrund
der bisherigen Erfahrungen mit „Rettungsaktionen“ werden Beschlüsse des
Gouverneursrats nicht nach wochenlangen Beratungen fallen. Vielmehr werden es
Dringlichkeitsbeschlüsse sein, die Artikel 4 Absatz 4 des ESM-Vertrags ausdrücklich
erlaubt. Man stelle sich vor, Italien stelle einen Hilfsantrag, weil es vom Kapitalmarkt
abgeschnitten ist und öffentliche Ausgaben nicht mehr finanzieren kann. Wird der
Gouverneursrat dann auf Einberufung, Beratung und Beschlussfassung des
Bundestages warten? Nein, er wird sofort beschließen, und der deutsche Gouverneur
wird den Bundestag unterrichten und ihn um Zustimmung bitten.
Die Abgeordneten der jeweiligen Koalitionsmehrheit haben dann die Wahl, den
Beschluss nachträglich zu billigen oder ihren Finanzminister im Regen stehen zu lassen
und Neuwahlen zu riskieren, was an der Wirksamkeit des Beschlusses aber nichts
ändert. Der Finanzminister wiederum wird darauf verweisen, dass
Dringlichkeitsbeschlüsse im nationalen Begleitgesetz übersehen wurden. Geschehen
kann ihm ohnehin nichts, weil ihm der ESM-Vertrag strafrechtliche Immunität
gewährt. Und als Organmitglied des ESM mag der Finanzminister völkerrechtlich sogar
zu Loyalität und Zustimmung verpflichtet sein; dieses Problem der gespaltenen
Loyalität ist bisher kaum beleuchtet worden.
Ein zutiefst korruptes System ist angelegt
Während der Vertrag das Beschlussrecht des Parlaments bis zur Unkenntlichkeit
verkrüppelt, eliminiert er das Kontrollrecht sogar vollständig: Die Mitglieder des ESM
unterliegen einer unbegrenzten Geheimhaltungspflicht und Immunität (Artikel 34 und
35), die Räume und Archive sind unverletzlich, und alle Tätigkeiten des ESM sind jeder
administrativen, gerichtlichen oder gesetzlichen Kontrolle entzogen (Artikel 32). Zwar
veröffentlicht der ESM einen testierten Jahresabschluss, doch wählt er die Prüfer selbst
aus. Eine externe Kontrolle durch Rechnungshöfe oder gar Abgeordnete findet nicht
statt.

Die Abgeordneten des amerikanischen Kongresses konnten nach der sogenannten
AIG-Rettung wenigstens per Klage in Erfahrung bringen, an welche Großbanken, es
handelte sich namentlich um Goldman Sachs und die Deutsche Bank, Steuergelder von
über 100 Milliarden Dollar geflossen waren; die Bundestagsabgeordneten werden keine
vergleichbare Information erhalten. Im ESM-Vertrag ist ein zutiefst korruptes
Begünstigungssystem angelegt.
Wenn das Gericht den Vertrag passieren lässt, muss es rote Linien
hinausschieben
Unter allen Kautelen stößt dieses Geheimhaltungsgebot verfassungsrechtlich auf die
größten Bedenken, weil es nicht nur das Haushaltsrecht des Parlaments entleert,
sondern auch evident dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widerspricht. Selbst wer die
Rettungspolitik bejaht, wird keine Notwendigkeit für einen rechtsfreien Raum
erkennen, in dem unvorstellbare Summen geheim an einzelne Banken und Staaten
gezahlt werden, während jede kleine Behörde der Öffentlichkeit über jeden Cent ihrer
Mittelverwendung Rechenschaft schuldet. Die Geheimhaltung wirkt auf die
beschränkte Beschlusskompetenz zurück, weil der Bundestag die näheren Konditionen
der Rettungsprogramme und insbesondere die Zahlungsempfänger nicht kennt.
Lässt das Bundesverfassungsgericht den ESM-Vertrag passieren, muss es rote Linien,
die es in früheren Urteilen gezogen hat, abermals hinausschieben. Das wäre
bedauerlich, denn ausweislich der vielen tausend Verfassungsbeschwerden sind es ja
nicht nur jüngere Menschen, die in unzähligen Internetforen die drohende
Transformation der europäischen Demokratien in eine von der Finanzindustrie
beherrschte Plutokratie befürchten.
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Kommentar: Nach drei Jahren
Vielmehr besteht die Gefahr eines Systemwechsels durchaus. Negative wirtschaftliche
Folgen einer Verwerfung des ESM-Vertrags wie sie vom Bund in der mündlichen
Verhandlung noch für eine bloße Verzögerung beschworen wurden, dann aber nicht
eintraten, sind nicht zu befürchten. Die Mitgliedstaaten könnten den vorübergehenden
Rettungsschirm prolongieren oder andere, verhältnismäßige Maßnahmen ergreifen,
statt mit dem ESM ein auf ewig angelegtes Herrschaftsinstrument der Exekutive zu
schaffen.
Quelle: F.A.S.
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